Panorama

Sachsen ringt um die Zukunft seiner Wälder

Sachsens Wald soll künftig eine noch größere Rolle als Holzlieferant, Lebensraum bedrohter Tiere und Pflanzen und zur Erholung der Menschen spielen. Doch wie sieht der hiesige Wald in Zukunft aus?

18.09.2025

Blick über die Talsperre Eibenstock im Erzgebirge. Hier wird seit 35 Jahren der Waldumbau forciert. Hendrik Schmidt/dpa

Blick über die Talsperre Eibenstock im Erzgebirge. Hier wird seit 35 Jahren der Waldumbau forciert. Hendrik Schmidt/dpa

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In Paletten stehen die kleinen Weißtannen in Reih und Glied bereit. Zwei bis drei Jahre wurden sie in der Forstbaumschule gehegt, nun beginnt ihr Leben im richtigen Wald. Unter alten Fichten werden sie hier an der Talsperre Eibenstock in den Boden gebracht. Auf den Bäumchen ruhen große Hoffnungen. Die Tannen seien in diesem Waldstück das Initial für den Umbau, erläutert der Leiter des Forstbezirks Eibenstock, Johannes Riedel. Später würden sich auch andere Baumarten dazu gesellen wie Buche, Eiche und Birke.

Sachsen hat sich den Umbau seiner Wälder verordnet: weg von reinen Fichten- und Kiefern-Wäldern, die anfällig für Stürme, Dürren und Schädlinge wie dem Borkenkäfer sind, hin zu stabilem Mischwald. Dabei sollen nach der aktuellen Waldstrategie Nadelbäume zugunsten von Laubbäumen zurückgedrängt werden und bis zum Jahr 2100 ein ausgewogenes Verhältnis erreicht sein. Zudem sollen die heimischen Wälder auch in Zukunft Holz als Rohstoff mindestens im bisherigen Umfang nachhaltig liefern.

Im Wald an der Talsperre Eibenstock werden junge Weißtannen gepflanzt. Sie spielen eine wichtige Rolle beim Ziel, den Wald im Erzgebirge vielfältiger und stabiler zu machen.Hendrik Schmidt/dpa

Im Wald an der Talsperre Eibenstock werden junge Weißtannen gepflanzt. Sie spielen eine wichtige Rolle beim Ziel, den Wald im Erzgebirge vielfältiger und stabiler zu machen.Hendrik Schmidt/dpa

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Weißtanne, Eiche, Buche & Co statt reiner Fichtenwald

Als Vorreiter gilt der gut 26.000 Hektar große Forstbezirk Eibenstock mit einst großen Fichten-Monokulturen. Denn durch den menschengemachten Klimawandel ist auch der Wald im Erzgebirge vermehrt unter Stress. Das liegt auch an fehlendem Regen und Schnee. „Seit 2018 fehlt uns eine ganze Jahresmenge Niederschlag“, verdeutlicht Riedel das Problem.

Einerseits wird der Wald durch Pflanzungen oder Einsaat anderer Baumarten vielfältiger gemacht. Wie die Weißtanne, die hier quasi ausgestorben war. Aber auch Ahorn, Buche, Eiche, Hainbuche, Birke und Aspe sind wieder viel häufiger anzutreffen. Zugleich müsse konsequent gejagt werden, betont Riedel. Denn Rehe und Rotwild laben sich an Trieben und Rinde junger Bäume. Viele Jahre hatten deswegen Neuanpflanzungen durch Zäune geschützt werden müssen - ein teures und aufwendiges Unterfangen.

Inzwischen können Riedel und seine Kollegen etliche Erfolge vorweisen. Das Wild sei so weit in Schach, dass Neuanpflanzungen seit Jahren nicht mehr eingezäunt werden müssten. Und die Pflanzungen selbst können reduziert werden, weil sich gewünschte Baumarten durch natürliche Verjüngung ausbreiten. Wurden in den Jahren 2008 bis 2010 noch rund 2 Millionen Bäume im Jahr gepflanzt, seien es inzwischen nur noch rund 480.000.

Holz wird nach dem Einschlag in einem Waldstück im Forstbezirk Eibenstock transportiert.Hendrik Schmidt/dpa

Holz wird nach dem Einschlag in einem Waldstück im Forstbezirk Eibenstock transportiert.Hendrik Schmidt/dpa

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Rund 90 Prozent der Fläche besteht den Angaben zufolge inzwischen aus zwei- und mehrstufigen Baumbeständen. Unter dem Kronendach wächst vielerorts ein vielfältigerer Wald heran als früher. Dominiert oben noch zu 80 Prozent die Fichte, macht sie in der Schicht darunter nur noch die Hälfte aus. Stattdessen wachsen hier auch Weißtannen, Buchen, Birken, Lärchen und Eichen heran.

Waldumbau bleibt Aufgabe für künftige Generationen

Schon seine Vorgänger hätten hier von Anfang an den Umbau konsequenter betrieben als andernorts, erläutert Riedel. Etwa bei der Jagd. Doch bis ein stabiler Mischwald entstanden ist, der mit den klimatischen Veränderungen klarkommt, ist es noch ein weiter Weg. Die Tannen, die heute hier gepflanzt werden, werden erst in 120 bis 140 Jahren erntereif sein. Etwa um das Jahr 2190 herum wird nach heutiger Prognose flächendeckend ein naturnaher Dauerwald im Forstbezirk Eibenstock vorhanden sein.

Der Leiter des Forstbezirks Eibenstock Johannes Riedel informiert über Fortschritte beim Waldumbau in seinem Gebiet.Hendrik Schmidt/dpa

Der Leiter des Forstbezirks Eibenstock Johannes Riedel informiert über Fortschritte beim Waldumbau in seinem Gebiet.Hendrik Schmidt/dpa

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Landesweit werden laut Sachsenforst für den Waldumbau jedes Jahr rund 5 Millionen Bäume im Staatswald gepflanzt. Für solche Pflanzungen und die Saat werden jährlich 14 bis 16 Millionen Euro ausgegeben, informiert ein Sprecher des Staatsbetriebs Sachsenforst auf dpa-Anfrage.

Waldfläche schrumpft statt zu wachsen

Erklärtes Ziel des Freistaates ist es, die Waldfläche auszuweiten. Doch dabei hinkt das Land seinen selbstgesteckten Zielen hinterher. Statt zu wachsen, ist die Fläche in den vergangenen zehn Jahren geschrumpft. Anfang 2012 waren noch fast 524.000 Hektar mit Wald bedeckt, zehn Jahre später (2022) waren es laut Sachsenforst nur rund 521.000 Hektar. Aktuellere Zahlen liegen nicht vor.

Das Erzgebirge und das Vogtland sind die waldreichsten Regionen in Sachsen. Hendrik Schmidt/dpa

Das Erzgebirge und das Vogtland sind die waldreichsten Regionen in Sachsen. Hendrik Schmidt/dpa

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Mit der Waldstrategie 2050 aus dem Jahr 2013 war als Ziel ausgegeben worden, den Wald in seiner Fläche und seinem Potenzial zur Aufnahme von klimaschädlichem C02 zu erhalten und zu mehren. Angestrebt wird ein Zuwachs von 0,14 Prozent pro Jahr, bis 2050 soll mindestens 30 Prozent der Landesfläche bewaldet sein. Bisher sind es gut 28 Prozent. Ursachen für Flächenverluste sind den Angaben nach vor allem Tagebaue in Ostsachsen, aber auch statistische Bereinigungen schlagen sich in den Zahlen nieder.

Die waldreichsten Regionen im Freistaat sind das Erzgebirge und das Vogtland. Sie sind zu mehr als 40 Prozent mit Wald bedeckt. Die Landkreise mit dem geringsten Waldanteil sind die Kreise Leipzig, Meißen und Mittelsachsen.

Junge Weißtannen werden in einem Waldstück im Forstbezirk Eibenstock gepflanzt. Seit 35 Jahren wird hier der Waldumbau vorangetrieben.Hendrik Schmidt/dpa

Junge Weißtannen werden in einem Waldstück im Forstbezirk Eibenstock gepflanzt. Seit 35 Jahren wird hier der Waldumbau vorangetrieben.Hendrik Schmidt/dpa

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Vor allem im Erzgebirge gibt es viel Wald, so wie hier an der Talsperre Eibenstock.Hendrik Schmidt/dpa

Vor allem im Erzgebirge gibt es viel Wald, so wie hier an der Talsperre Eibenstock.Hendrik Schmidt/dpa

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Auf einer Fläche mit ehemaligem Sturmschaden an der Talsperre Eibenstock wächst neuer Wald heran.Hendrik Schmidt/dpa

Auf einer Fläche mit ehemaligem Sturmschaden an der Talsperre Eibenstock wächst neuer Wald heran.Hendrik Schmidt/dpa

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Sachsens Wälder sollen auch in Zukunft Holz als wichtigen Rohstoff liefern.Hendrik Schmidt/dpa

Sachsens Wälder sollen auch in Zukunft Holz als wichtigen Rohstoff liefern.Hendrik Schmidt/dpa

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