Wasserstoff-Autos: Welche Zukunft hat die Brennstoffzelle?
Vor einiger Zeit überraschte BMW mit der Ankündigung, künftig Autos mit Brennstoffzelle als Großserienfahrzeuge zu bauen. Kommt nun Bewegung in den Markt der Wasserstofffahrzeuge? Was gibt es Neues?
Rüssel rein, kurz tanken und - elektrisch - weiterfahren: Kurze Tankstopps wie beim herkömmlichen Verbrenner sind ein Vorteil der Wasserstoffautos.Toyota/dpa-tmn
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Es klingt verlockend. Aus dem Auspuff tröpfelt nur Wasser, der Motor läuft elektrisch und das Betanken dauert nur wenige Minuten. Fahrzeuge mit Brennstoffzelle (FCEV) und Wasserstofftank verbinden auf den ersten Blick Gutes: lokal emissionsfreies Fahren und schnelles Tanken.
Doch der zweite Blick trübt den Eindruck: Es gibt zu wenige Modelle und zu wenige Tankstellen. Dazu verschlingt die Produktion von grünem Wasserstoff viel Energie. Dennoch plant BMW beim nächsten BMW X5 ab 2028 eine Serienversion mit Brennstoffzelle. Kommt nun Bewegung in den Markt der Wasserstofffahrzeuge?
BMW und Toyota arbeiten zusammen
BMW entwickelt gemeinsam mit Toyota ein Brennstoffzellensystem mit identischen Bauteilen für künftige Modelle. „Eine einzige Technologie wird nicht ausreichen, um klimaneutrale Mobilität weltweit zu ermöglichen“, sagt Michael Rath. „Deswegen werden wir neben dem Ausbau der batterieelektrischen Modelle auch das Potenzial der Brennstoffzellentechnologie nutzen, um die individuellen Mobilitätsbedürfnisse all unserer Kundinnen und Kunden weltweit zu erfüllen“, so der Leiter Wasserstofffahrzeuge bei BMW.
Ein gewisser Anteil der Autos könne mit batterieelektrischen Autos (BEV) lokal CO2-neutral fahren, aber eben nicht alle.
Für Toyota liegt bei Wasserstoff derzeit der Fokus im Nutzfahrzeugbereich sowie in kommunalen und gewerblichen Flotten für Pkw. Dort seien nach Aussage von Mario Köhler, Geschäftsführer und CEO Toyota Deutschland, die Einsatzprofile klar, die Wirtschaftlichkeit nachvollziehbar und der Nutzen für die CO2-Bilanz hoch. Langfristig bleibe Wasserstoff eine relevante Option – auch mit Blick auf die eine neue Generation von Brennstoffzellen ab 2028. Die bringe deutliche Effizienz- und Kostenfortschritte. Toyota geht davon aus, dass Wasserstoff in Deutschland eine bedeutende Rolle übernehmen wird.
Energiesysteme werden weltweit betrachtet
Man müsse daher das gesamte Energiesystem weltweit betrachten. Es gebe Regierungen auf der Welt, die Wasserstoff fördern und die Infrastruktur schnell ausbauen. „Wasserstoff ergibt eher bei großen Fahrzeugen wie Lastwagen oder Transportern Sinn, aber auch nur, wenn viele Voraussetzungen vorher erfüllt sind“, sagt Stefan Bratzel, Professor für Automobilwirtschaft an der Fachhochschule der Wirtschaft in Bergisch Gladbach. Das seien neben einer guten Infrastruktur und einem niedrigen Preis auch die Verwendung von regenerativem Wasserstoff.
Dass BMW und Toyota die Technologie weiterentwickeln, sieht Professor Bratzel als Zeichen dafür, dass die Unternehmen weiter auf dem technologischen Stand bleiben und sich für die Zukunft in 10 oder 15 Jahren breiter aufstellen wollen.
Brennstoffzelle als Alternative zum reinen E-Auto?
Autos mit Brennstoffzelle gelten seit Jahren als Alternative zum klassischen Verbrenner und zu batterieelektrischen Fahrzeugen (BEV). Ihr Grundprinzip ist technisch elegant: In einer Brennstoffzelle wird Wasserstoff (H₂) mit Sauerstoff (O₂) aus der Umgebungsluft kombiniert. Dabei entsteht elektrische Energie, die einen Elektromotor antreibt, sowie als einziges Abfallprodukt Wasserdampf. Im Gegensatz zum BEV wird der Strom nicht aus einer extern geladenen Batterie entnommen, sondern im Fahrzeug produziert.
Weltweit gibt es allerdings nur wenige Serienmodelle wie Toyota Mirai, Hyundai Nexo oder in kleiner Stückzahl den BMW iX5 Hydrogen. Auf der Gebrauchtwagenbörse mobile.de stehen derzeit rund 250 Autos mit Brennstoffzelle zum Verkauf, ab einem Preis von rund 3.000 Euro. Andere Hersteller, darunter Mercedes-Benz, haben sich aus dem Segment zurückgezogen und konzentrieren ihre Aktivitäten auf Nutzfahrzeuge.
Noch zu wenige Tankstellen
Dennoch könnte ein Brennstoffzellen-Auto für Kunden heute schon interessant sein: Dann, wenn sie sich das Gefühl des elektrischen Fahrens wünschen, aber zu Hause oder auf der Arbeit nicht laden können. Auch Vielfahrern, die pro Tag mehrere hunderte Kilometer zurücklegen, bietet die Brennstoffzelle im Auto Vorteile. Vorausgesetzt, in der Nähe ihres Wohnorts - oder verlässlich entlang der Strecke - befindet sich eine Wasserstofftankstelle.
Und genau das könnte problematisch werden: Denn es gibt nicht nur eine geringe Auswahl neuer Modelle, sondern auch ein fehlendes Tankstellennetz. Von den früher bundesweit rund 110 Wasserstofftankstellen haben derzeit nur rund 70 für die Öffentlichkeit geöffnet, zu finden über die H2.LIVE App. Dagegen gibt es in Deutschland derzeit rund 14.400 Tankstellen, die hauptsächlich Benzin und Diesel anbieten.
Doch das muss sich in den nächsten Jahren ändern: Denn nach der EU-Verordnung über den Ausbau der Infrastruktur für alternative Kraftstoffe (AFIR) gelten verbindliche Vorgaben für den Aufbau eines europäischen Netzes an Wasserstofftankstellen zum 31. Dezember 2030. Demnach müssen Mitgliedstaaten sicherstellen, dass entlang des Transeuropäischen Verkehrsnetzes (TEN-V-Kernnetzes) im Abstand von höchstens 200 Kilometern sowie in jedem urbanen Knotenpunkt öffentlich zugängliche Wasserstofftankstellen errichtet werden.
Günstig ist Wasserstoff nicht
Bleiben noch die Kosten: Die Betriebskosten von FCEV liegen derzeit deutlich über denen batterieelektrischer Fahrzeuge. Wasserstoff kostet an der Tankstelle aktuell je nach Region rund 13 bis 18 Euro pro Kilogramm, und ein Auto wie ein Toyota Mirai verbraucht etwa 1 Kilogramm auf 100 Kilometer. Damit liegen die Kosten pro 100 km bei etwa 13 bis 18 Euro. Ein vergleichbares Elektroauto benötigt rund 20 bis 25 kWh für dieselbe Strecke; bei durchschnittlich 0,35 Euro pro kWh ergeben sich 7 bis 9 Euro pro 100 km.
Brennstoffzelle kann Vorteile bieten - aber sicher nicht für jeden
Dort, wo keine Strom-Ladeinfrastruktur herrscht, Kunden aber lokal emissionsfrei fahren wollen, spiele die Brennstoffzelle heute schon ihre Vorteile aus. Damit dürfte klar sein, dass die ersten BMW X5 Hydrogen ab 2028 zuerst genau in diesen Regionen angeboten werden: Japan, China, Korea und Teilen der USA. Michael Rath von BMW sieht daher Vorteile für Kunden, die keinen Zugang zum privaten Laden eines BEVs haben und ihr Fahrzeug schnell vollständig volltanken wollen – und nicht nur zu 80 Prozent.
Professor Bratzel ist eher skeptischer. „Ich gehe nicht davon aus, dass sich die Brennstoffzelle in absehbarer Zeit als echte Alternative zu batterieelektrischen Fahrzeugen entwickeln wird. Es wird für lange Zeit ein Nischen-Phänomen bleiben“, sagt er. BEV seien derzeit und in naher Zukunft effizienter, günstiger, weiter verbreitet und bieten heute schon eine funktionierende Infrastruktur. Und ganz ohne Auspuff, aus dem Wasser tröpfelt.
Einmal volltanken, bitte: Auf den ersten Blick ein normaler Tankvorgang - erst wer genauer hinschaut, erkennt die spezielle Wasserstoff-Zapfpistole.Toyota/dpa-tmn
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Komplexe Technik: So sieht ein Brennstoffzellensystem von BMW aus.Jonas Rattel/BMW Group/dpa-tmn
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Weiter auf Wasserstoff: Auch BMW setzt weiterhin auf die Brennstoffzellentechnik.Fabian Kirchbauer/BMW Group/dpa-tmn
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Mangelware: Viele Hersteller setzen aktuell nicht auf Wasserstoff - Toyota etwa hat den Pkw Mirai im Angebot, will aber auch 2028 den Hilux (Bild) mit dieser Technologie einführen.Toyota/dpa-tmn
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Elektrisch fahren und tanken: Das gewährleisten Wasserstoffautos wie der Toyota Mirai.Toyota/dpa-tmn
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Wasserstoff-Expertise: Seit fast 30 Jahren setzt Hyundai auf Wasserstofftechnologie - der Hyundai Nexo geht nun in die zweite Generation.Hyundai/dpa-tmn
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