Robbensterben vor Rügen - Was wir wissen und was nicht
Binnen kurzer Zeit werden im Herbst 2024 vor der Ostseeinsel Rügen mehr als 40 tote Robben gefunden. Jetzt wird gegen zwei Beschuldigte ermittelt. Einige Fragen bleiben.
Das Robbensterben im vergangenen Herbst gibt weiter Rätsel auf. (Archivbild)Stefan Sauer/dpa
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Wegen des Tods von mehr als 40 Kegelrobben binnen kurzer Zeit im vergangenen Herbst vor der Küste von Rügen ermittelt die Staatsanwaltschaft Stralsund gegen zwei Tatverdächtige. „Die Ermittlungen haben Indizien zutage gefördert, die geeignet sind, den Anfangsverdacht einer vorsätzlichen Tötung von Robben durch die beiden Beschuldigten zu begründen“, teilte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft auf Nachfrage der Deutschen Presse-Agentur (dpa) mit.
Was wir wissen:
- Der Fall: Im Oktober 2024 wurden in kurzer Zeit mehr als 40 tote Kegelrobben vor der Küste Rügens gefunden. Nach früheren Angaben des Deutschen Meeresmuseums in Stralsund waren das mehr als im gesamten Jahr 2023 an der ganzen Küste von Mecklenburg-Vorpommern. Die Funde konzentrierten sich auf den Südosten der Ostseeinsel. Ein natürlicher Tod der Tiere wurde nach den bisherigen Untersuchungen ausgeschlossen.
- Die Ermittlungen: Die Staatsanwaltschaft Stralsund ermittelt nach „umfangreichen und intensiven Untersuchungen der Wasserschutzpolizei“ gegen zwei Beschuldigte wegen des Verdachts des Verstoßes gegen das Tierschutzgesetz. Laut Staatsanwaltschaft haben sich die Verdächtigen zu den Tatvorwürfen bisher nicht geäußert. Eine Entscheidung über eine mögliche Anklageerhebung soll voraussichtlich bis Ende des Jahres getroffen werden.
- Die Vorgeschichte: Bereits 2017 hatte es eine Häufung von Kegelrobben-Totfunden mit mehr als 20 verendeten Tieren im Greifswalder Bodden gegeben. Damals blieb die Todesursache ungeklärt. Ermittlungen gegen einen Reusen-Fischer führten nicht zu einer Anklage.
- Die Maßnahmen: Nach den Vorfällen 2017 wurden für Reusen im Greifswalder Bodden Schutzeinrichtungen für Robben vorgeschrieben. Als Sofortmaßnahme nach den jüngsten Vorfällen im vergangenen Jahr hatte Umwelt- und Fischereiminister Till Backhaus (SPD) bestimmt, dass größere Fischreusen an der gesamten Küste nur noch mit speziellen Robbenschutzvorrichtungen aufgestellt und betrieben werden dürfen.
- Die Reaktionen: Das Deutsche Meeresmuseum in Stralsund, das Biosphärenreservat Südost-Rügen und die Organisation Sea Shepherd hatten nach der Todesserie 2024 Anzeige gegen unbekannt erstattet.
- Der rechtliche Rahmen: Die Ermittlungen beziehen sich laut Staatsanwaltschaft auf einen möglichen Verstoß gegen Paragraf 17 des Tierschutzgesetzes. Dieser sieht eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren oder eine Geldstrafe für Menschen vor, die ein Wirbeltier ohne vernünftigen Grund töten „oder aus Rohheit erhebliche Schmerzen oder Leiden oder länger anhaltende oder sich wiederholende erhebliche Schmerzen oder Leiden“ zufügen.
Was wir nicht wissen:
- Die Identität der Verdächtigen: Über Geschlecht, Alter und den beruflichen Hintergrund der beiden Verdächtigen gibt es bislang keine Angaben. Eine Anfrage bei der Staatsanwaltschaft zu den Hintergründen blieb bislang unbeantwortet.
- Wie genau die Tiere zu Tode gekommen sind: Die Frage ist bislang nicht abschließend geklärt. Laut Experten des Deutschen Meeresmuseums gibt es Hinweise darauf, dass die Robben ertrunken sind, etwa in einem Netz oder einer Reuse. Eine verdächtigte und untersuchte Reuse war laut Behörden aber unauffällig. Auch eine DNA-Untersuchung brachte die Ermittler nicht weiter.
- Zahl der Fälle, die mit den Beschuldigten in Verbindung gebracht werden: Es ist bislang unklar, in wie vielen Fällen der Anfangsverdacht der vorsätzlichen Tötung besteht.
- Das mögliche Motiv und mögliche Zusammenhänge: Ob es sich bei den Todesfällen entsprechend dem Anfangsverdacht tatsächlich um vorsätzliche Tötungen handelt, steht nicht fest. Auskunft darüber könnte der weitere Verlauf der Ermittlungen und gegebenenfalls ein Gerichtsverfahren bringen, ebenso über ein mögliches Motiv. Ob sich der Anfangsverdacht erhärtet und auch die Beweislage für eine Anklage ausreicht, ist noch unklar. Gleiches gilt für die Frage, ob die Funde der verendeten Tiere von 2017 mit jenen 2024 verknüpft sind.