Panorama

„Ich dachte, das war’s“ – Opfer von Auftragsmord vor Gericht

Ein Manager einer angesagten Sportmodemarke wird vor seinem Haus brutal attackiert und überlebt nur knapp. Kann er mehr zum möglichen Motiv sagen?

03.12.2025

Der Mann konnte die stark blutende Wunde am Hals mit der Hand zudrücken. Die Wunde am Oberkörper presste er gegen einen Stromverteilerkasten. (Archivbild)Daniel Karmann/dpa

Der Mann konnte die stark blutende Wunde am Hals mit der Hand zudrücken. Die Wunde am Oberkörper presste er gegen einen Stromverteilerkasten. (Archivbild)Daniel Karmann/dpa

© Daniel Karmann/dpa

7,5 Zentimeter lang und 7 Zentimeter tief – so groß sei heute noch die Narbe an seinem Hals, sagte der 41-Jährige vor Gericht. Die schwarzen Haare lasse er wachsen, damit sie die Narbe verdeckten. „Man will nicht die ganze Zeit als Opfer dastehen und darauf angesprochen werden.“

Im Februar hatte ihn ein Unbekannter vor seiner Wohnung in Mittelfranken mit einem Messer lebensgefährlich verletzt. Die Staatsanwaltschaft geht von einem Auftragsmord aus, der fehlschlug.

Wegen des Mordversuchs ist ein 26 Jahre alter Türke vor dem Landgericht in Ansbach angeklagt. Zuletzt hatte dieser im Breisgau gewohnt. Er soll sein Opfer am Morgen des 6. Februar 2025 in einem Wohngebiet in Heilsbronn (Landkreis Ansbach) mit einem Messer angegriffen und lebensgefährlich verletzt haben.

Ist das Motiv in der Textilbranche zu suchen?

Doch die Hintergründe des mutmaßlichen Auftragsmords blieben auch am zweiten Prozesstag unklar. Die Staatsanwaltschaft vermutet, dass es mit der Arbeit des Opfers zu tun hat. Dieser ist ein führender Manager einer angesagten Sportmodemarke in Ansbach, die unter anderem in der Türkei produziert und dort auch eine Zweigstelle hat. Er habe weder privat noch anderswo Feinde, sagte der 41-Jährige. Er könne nur Vermutungen anstellen.

Auch der Angeklagte konnte vor Gericht nicht viel zu dem möglichen Motiv sagen. Am ersten Prozesstag sprach er von einer möglichen Verbindung zu einem türkischen Sportverein. Der mutmaßliche Auftraggeber befindet sich laut Staatsanwaltschaft in Frankreich. Dort wird bereits in anderer Sache gegen diesen ermittelt, deshalb sollen die Behörden dort die Strafverfolgung übernehmen.

Verdächtiger Mann auf der Straße

Als er am Tattag aus dem Haus gekommen sei, sei ihm der fremde Mann auf der Straße schon verdächtig vorgekommen, erzählte der 41-Jährige vor Gericht. Zuerst habe er ihn für einen Einbrecher gehalten, der mögliche Ziele ausspionieren wolle.

Doch dann habe dieser ihm auf dem Handy eine Anzeige von einer Wohnung auf einer Buchungsplattform gezeigt, die er angeblich mieten wolle, sagte der 41-Jährige. Weil es sich um seine eigene Wohnung gehandelt habe, habe er von dem Handydisplay ein Foto gemacht, um seinen Vermieter darauf anzusprechen.

Foto zeigt den Täter

Da der Mann ihm nach wie vor suspekt vorgekommen sei, habe er so fotografiert, dass dieser auch auf dem Bild zu sehen sei. Mit dem Foto sei später nach dem Verdächtigen gefahndet worden, sagte er. Dieses Foto ist an dem Tag auch auf einem Bildschirm im Gericht zu sehen: Es zeigt einen Mann in heller Hose, schwarz-grauer Winterjacke und weißen Turnschuhen. Der Kopf ist allerdings abgeschnitten.

Wenige Sekunden später sei die Attacke gekommen, erinnerte sich der 41-Jährige. Erst gegen den Hals, dann gegen die linke Flanke, zwei weitere Attacken Richtung Brust und Gesicht habe er mit den Unterarmen abgewehrt. Erst habe er es für Schläge gehalten, doch als der Täter weglief, habe er festgestellt: „Es spritzte Blut.“

Er dachte, er werde sterben

Der Verletzte konnte nach dem Angriff noch die Polizei rufen und die stark blutenden Wunden zudrücken, wie er vor Gericht schilderte. Auch seinen Geschäftspartner konnte er demnach noch verständigen. Während er auf den Krankenwagen gewartet habe, habe er gedacht, er werde sterben. „Ich dachte, das war’s.“ Eine Operation rettete später sein Leben.

Die Folgen des Angriffs spüre er noch heute, sagte der 41-Jährige, der auch Nebenkläger in dem Prozess ist. Er sei viel wachsamer, immer auf der Hut. Er habe Alpträume und wache nachts verschwitzt auf. Der Angeklagte entschuldigte sich nach dessen Aussage für die Tat und erklärte, dass er diese bereue. „Ich war gezwungen, diese Tat auszuüben. Sie kamen mir mit meiner Familie.“

Das Landgericht hat für den Prozess zwei weitere Verhandlungstage geplant. Ein Urteil könnte die Kammer demnach am 11. Dezember verkünden.

Es sei alles sehr schnell gegangenen, sagte das Opfer vor Gericht aus. Erst als der Täter weggelaufen sei, habe er das Blut bemerkt. (Archivbild)Daniel Karmann/dpa

Es sei alles sehr schnell gegangenen, sagte das Opfer vor Gericht aus. Erst als der Täter weggelaufen sei, habe er das Blut bemerkt. (Archivbild)Daniel Karmann/dpa

© Daniel Karmann/dpa