Blindgänger entschärft - Sprengmeister verärgert über Störer
Am frühen Sonntagmorgen müssen Tausende in Osnabrück die Wohnung verlassen. Zurück dürfen sie erst am späten Abend. Wiederholt wird die Evakuierungszone missachtet - und verzögert die Entschärfungen.
Einsatzkräfte kontrollierten Gebäude und Wohnungen im Evakuierungsgebiet. Friso Gentsch/dpa
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Mehr als 14.000 Menschen durften in Osnabrück fast den kompletten Sonntag nicht in ihren Wohnungen verbringen. Der Grund: Damit vier Blindgänger aus dem Zweiten Weltkrieg entschärft werden können, gab es einen Evakuierungsradius von einem Kilometer. Weil aber immer wieder Personen versuchen würden, in das Evakuierungsgebiet einzudringen, habe sich die Arbeit der Kampfmittelexperten um mehr als drei Stunden verzögert, teilte die Stadt am Abend mit.
Ein Sprengmeister sagte laut Mitteilung: „Wir hätten deutlich früher fertig sein können, wenn unsere Arbeit nicht so oft unterbrochen worden wäre.“ Dies sei extrem ärgerlich gewesen - und habe die Arbeit an den Blindgängern deutlich gefährlicher gemacht.
Oberbürgermeisterin Katharina Pötter (CDU) sagte, sie danke den Bürgerinnen und Bürgern, die die Evakuierung geduldig mitgetragen haben. Aber für diejenigen, die sich widersetzt und damit den gesamten Einsatz unnötig verzögert haben, habe sie absolut kein Verständnis. „Wir werden die Möglichkeiten, Bußgelder zu verhängen, konsequent ausschöpfen.“
Am Mittag war die Evakuierung eigentlich abgeschlossen und niemand befand sich mehr im Sperrgebiet um die Fundorte im Osnabrücker Lokviertel, wie die Stadt mitgeteilt hatte.
Zwei Entschärfungen, zwei Sprengungen
Die Sprengmeister des Kampfmittelbeseitigungsdienstes untersuchten vier Verdachtspunkte. Alle stellten sich als Blindgänger heraus. Die drei Fliegerbomben und eine Granate sollten nacheinander entschärft werden. Gegen 17.00 Uhr war eine 1.000-Pfund-Bombe entschärft, wenig später eine 100-Pfund-Bombe.
Die 500-Pfund-Bombe und die Granate müssten gesprengt werden, hieß es am späten Abend. Und: „Um die Sprengkraft einzudämmen, müssen aktuell noch größere Mengen Erde bewegt werden, deshalb ist weiterhin Geduld erforderlich.“ Auch nach den Sprengungen bräuchten die Sprengmeister noch etwas Zeit, um zu kontrollieren, ob alles gut gegangen ist.
Die Evakuierung hatte bereits am frühen Morgen begonnen. Zwei Krankenhäuser und eine Altenpflegeeinrichtung stehen in dem Evakuierungsgebiet, auch der Hauptbahnhof ist betroffen. Regional- und Fernverkehrszüge können den Bahnhof nicht anfahren, teilte die Deutsche Bahn mit.
Mann weigert sich Sperrgebiet zu verlassen
Mitarbeiter der Stadt und Einsatzkräfte der Polizei kontrollierten in den betroffenen Stadtteilen Fledder, Schinkel, Gartlage und Schölerberg Häuser und Wohnungen. Es habe immer wieder Meldungen gegeben, dass noch Menschen im Evakuierungsgebiet waren, sagte ein Stadtsprecher am Vormittag.
Der Bereich um die Fundstellen wurde weiträumig abgesperrt. Friso Gentsch/dpa
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Ein junger Mann wollte nach Angaben der Polizei das Sperrgebiet nicht verlassen – und erklärte das sogar öffentlich im Internet. Polizisten brachten ihn dann aus dem Evakuierungsgebiet. Am frühen Nachmittag meldete sich ein anderer Mann aus einer Wohnung im Sperrgebiet bei der Stadtverwaltung. Er gab an, dass er verschlafen hatte. „Wir geleiten den Langschläfer nun aus dem Evakuierungsgebiet, die Arbeiten ruhen so lange“, teilte die Polizei mit. Ein Ordnungswidrigkeitenverfahren wurde eingeleitet, dem Mann droht nun ein Bußgeld in Höhe von 300 Euro.
Warum es bereits mehrere Entschärfungen gab
Die Stadt richtete an einer Gesamtschule ein Evakuierungszentrum ein. Bis zum Abend versammelten sich dort rund 900 Menschen. Die Stadt empfahl zuvor, möglichst bei Bekannten oder Verwandten unterzukommen.
Tausende Menschen mussten ihre Wohnungen in Osnabrück verlassen. Friso Gentsch/dpa
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Um das Warten zu erleichtern, stellte die Freiwilligen-Agentur der Stadt zusammen mit Partnern für Betroffene der Evakuierung ein Programm zusammen. So wurden etwa vergünstigte Eintritte in den Zoo und in Museen sowie Führungen durchs Theater angeboten. Die Müllabfuhr präsentierte Interessierten ein Müllsammelfahrzeug samt Mitfahrt und Mülltonnenleerung.
Die vier Verdachtspunkte für Blindgänger waren bei Bauarbeiten gefunden worden - auf dem Gelände des früheren Güterbahnhofs der Stadt soll ein neues Stadtviertel entstehen. In den vergangenen Monaten hatte es dort immer wieder Funde gegeben. Inzwischen war es die siebte Evakuierung, wie die Stadt mitteilte. Und die nächste folgt womöglich am 8. Februar - falls bis dann weitere Verdachtspunkte festgestellt werden.
Einsatzkräfte kontrollierten Gebäude und Wohnungen im Evakuierungsgebiet. Friso Gentsch/dpa
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