Panorama

Laien testen Flughafen auf Herz und Nieren

Komparsen beim Film kennt man - aber im Flughafen? In München helfen Freiwillige dabei, vor der Inbetriebnahme des neuen Flugsteigs Schwachstellen zu identifizieren. Was sie dabei erleben.

26.11.2025

Letzte Kontrolle vor der Gangway, doch der Flieger hebt nicht ab: Komparsen überprüfen Abläufe am neuen Flugsteig.Dominik Bartl/dpa

Letzte Kontrolle vor der Gangway, doch der Flieger hebt nicht ab: Komparsen überprüfen Abläufe am neuen Flugsteig.Dominik Bartl/dpa

© Dominik Bartl/dpa

Auf den großen Abflugtafeln des Münchner Flughafens werden wie gewohnt die Gates der nächsten Maschinen angezeigt. Im gedeckten Kostüm ziehen Mitarbeiterinnen die Bordkarten über den Scanner, der piepsend den Weg zur Gangway freigibt. Doch abfliegen werden die Passagiere im Terminal 1 diesmal nicht: Es sind Komparsen, die in die Rolle von Reisenden geschlüpft sind - damit bei der Inbetriebnahme des neuen Flugsteigs im nächsten Jahr alles glattläuft.

Die langen Stuhlreihen im Wartebereich sind zum Teil noch mit Plastikfolien abgedeckt, kleine Hütchen stehen auf dem Boden, manche Wände sind nur provisorisch. Doch die Abläufe und technischen Systeme werden bereits jetzt überprüft, wie Projektmanager Philipp von Gablenz erläutert. Das betreffe sämtliche Bereiche, vom Boarding über die Gepäcklogistik bis hin zur Passagierführung. Auch Notfallszenarien würden auf diese Weise simuliert. 

Geprüft werden alle Bereiche, vom Boarding über die Sicherheitskontrolle bis zur Gepäckausgabe. Dominik Bartl/dpa

Geprüft werden alle Bereiche, vom Boarding über die Sicherheitskontrolle bis zur Gepäckausgabe. Dominik Bartl/dpa

© Dominik Bartl/dpa

Script mit Vorgaben für jeden Komparsen

Dazu bekommt jede Komparsin und jeder Komparse ein persönliches Drehbuch mit Anweisungen. Beispielsweise so zu tun, als würden sie als Reisende mit Hilfebedarf in München ankommen. Oder von A kommend nach B zu fliegen und in der Landeshauptstadt umzusteigen. 

Konkret kann das dann etwa so aussehen: „Alle Komparsen wurden heute einer Sicherheitsüberprüfung unterzogen mit den neusten Scannern, die hier im Terminal verbaut sind, haben eine Grenzkontrolle passiert und werden jetzt auch ihr Gepäck bei der Gepäckausgabe aufnehmen und am Zollbereich vorbei wieder in München ankommen“, schildert von Gablenz, während die Freiwilligen in grünen Warnwesten um ihn herum in mehreren Durchläufen typische Reisesituationen simulieren.

Positive Rückmeldungen und konstruktive Kritik

„Es war sehr interessant“, schildert Komparsin Marlilena Bormann hinterher. „Klar, man muss sich sehr viel vorstellen, die Geschäfte sind noch nicht da, aber die Mitarbeiter waren extrem hilfreich und auch das Boarding hat sehr gut funktioniert.“ Ihr Fazit: „Das war alles wirklich sehr realistisch dargestellt.“

Andere Freiwillige sind von dem Probedurchlauf und dem Blick hinter die Kulissen auch sehr angetan, geben den Verantwortlichen aber auch konstruktive Kritik mit. „Es gab die eine oder andere Stelle, die ich als Familienreisende schwierig gesehen habe“, sagt etwa eine Mutter. Ein älterer Herr schildert, dass er noch nie geflogen sei und das erste Mal überhaupt einen Flughafen von innen sehe. Ein positiver Eindruck: „Das Einzige, was mich stört, ist, dass die Wege sehr, sehr weit sind.“

Die Freiwilligen hatten sich um die Rolle als Komparsen beworbenDominik Bartl/dpa

Die Freiwilligen hatten sich um die Rolle als Komparsen beworbenDominik Bartl/dpa

© Dominik Bartl/dpa

Das Feedback der Komparsen, die zumeist aus dem Umland kommen und per Zufallsgenerator aus einer Überzahl an Bewerbungen ausgewählt wurden, sei wichtig, betont von Gablenz. So werde durch das Simulieren typischer Bewegungsmuster im Terminal sichergestellt, dass die Beschilderung für die Passagiere verständlich sei und sie zielgenau zu ihrem Gate leite. Aber auch sicherheitsrelevante Prozesse stünden bei den mehr als 20 Probebetriebstagen auf dem Prüfstand.

Inbetriebnahme im ersten Halbjahr 2026

Der Flughafen München ist nach eigenen Angaben der Erfinder des systematischen Inbetriebnahme-Managements von Flughäfen. Es wurde 1992 für den Umzug vom Flughafen Riem an den heutigen Standort entwickelt und kommt heute international zum Einsatz. „Der Schwerpunkt des Programms liegt auf der engen Verzahnung von Betrieb, Bauaktivitäten und dem Management von Notfallsituationen“, erläutert der Flughafen.

Der neue Flugsteig im Terminal 1 ist mit einer Gesamtfläche von rund 95.000 Quadratmetern für ein jährliches Passagieraufkommen von bis zu sechs Millionen Reisenden ausgelegt. Am neuen Pier können gleichzeitig bis zu sechs Großraumflugzeuge oder zwölf kleinere Maschinen abgefertigt werden. Die Inbetriebnahme ist für das erste Halbjahr 2026 geplant.

Sie testen auch die modernen Körperscanner.Dominik Bartl/dpa

Sie testen auch die modernen Körperscanner.Dominik Bartl/dpa

© Dominik Bartl/dpa

Vieles ist schon fertig und wirkt wie später im Alltagsbetrieb. Dominik Bartl/dpa

Vieles ist schon fertig und wirkt wie später im Alltagsbetrieb. Dominik Bartl/dpa

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