Panorama

Gewalt gegen Frauen stoppen - Viele Aktionen am „Orange Day“

Viele Frauen, die Opfer von Gewalt aus ihrem engsten Umkreis werden, gehen nicht zur Polizei. Das soll sich ändern.

25.11.2025

Vielstimmiger Aufruf: Stoppt Gewalt gegen Frauen (Symbolbild)Maurizio Gambarini/dpa

Vielstimmiger Aufruf: Stoppt Gewalt gegen Frauen (Symbolbild)Maurizio Gambarini/dpa

© Maurizio Gambarini/dpa

Informationen in Bussen und Bahnen, speziell bedruckte Brötchentüten beim Bäcker, orange angeleuchtete Bauwerke und tanzende Polizistinnen: Mit vielfältigen Aktionen wollen Initiativen heute auf die häufige Gewalt gegen Frauen hinweisen, Hilfsangebote aufzeigen und den Betroffenen Mut machen. Nach Einschätzung des Landeskriminalamtes NRW bleiben viele Übergriffe auf Frauen und Misshandlungen im Verborgenen. 

Mehr Femizide

Laut einer Studie des Landeskriminalamtes (LKA) für die Jahre 2014 bis 2023 sind mehr als 500 Frauen in Nordrhein-Westfalen innerhalb dieser zehn Jahre Opfer eines Femizids geworden. Unter Femiziden versteht man die Tötung von Frauen aufgrund ihres Geschlechts. Wie das NRW-Innenministerium kürzlich mitteilte, ist die Zahl der Femizide in jüngster Zeit angestiegen: von 55 Fällen im Jahr 2022 auf 61 im Jahr 2023 und 72 im vergangenen Jahr. 

Als häufigste Form des Femizids gilt die Tötung von Frauen durch einen Partner oder Ex-Partner. Zu den Tatmotiven zählen insbesondere männliches Besitzdenken, Frauenverachtung, sexuelle Frustration, Frauenhass sowie Kontroll- und Dominanzstreben. 

Wüst erschrocken über Dimension der Gewalt

Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) begrüßte, dass das Thema Gewalt gegen Frauen in der Öffentlichkeit sichtbar werde. „Ich bin dankbar und auch ein Stück demütig, wenn ich sehe, dass es immer mehr auch teilweise prominente Frauen gibt, die sich mit ihren Gewaltgeschichten in die Öffentlichkeit trauen.“ Ihn erschrecke die Dimension von Gewalterfahrungen in Partnerschaften.

Zu Kritik, dass es zu wenig Plätze in Frauenhäusern gebe, sagte Wüst vor Journalisten: „Wir tun, was wir können.“ Wenn mehr getan werden müsse, dann müsse geprüft werden, was möglich sei.

Polizistinnen tanzen

Das LKA NRW will auf seinem Instagram-Kanal heute mit einem Beitrag auf das Thema hinweisen, in dem Tänzerinnen auftreten, die alle Beschäftigte der Polizei NRW sind. Die Botschaft laute dabei: „Gewalt gegen Frauen darf keinen Platz in unserer Gesellschaft haben!“, teilte das LKA mit. Das Video solle Betroffene genauso wie ihr Umfeld ermutigen, das Schweigen zu brechen, Hilfsangebote in Anspruch zu nehmen und sich an die Polizei zu wenden.

Borussia-Park erstrahlt in Orange

Auch die Bundesligavereine aus NRW machen anlässlich des Aktionstags auf die Gewalt gegen Frauen aufmerksam. „Echte Männer respektieren Frauen – du auch?“ hieß es etwa in einem Instagram-Video von Bayer Leverkusen. In Mönchengladbach erstrahlt das Stadion am Abend in Orange. Der BVB und der 1. FC Köln beteiligen sich ebenfalls am „Orange Day“.

Hilfe rund um die Uhr

Das LKA weist auch auf Angebote wie das Hilfetelefon „Gewalt gegen Frauen“ unter der kostenfreien Nummer 116 016 hin, das rund um die Uhr in 18 Sprachen erreichbar sei. Auch Angehörige und Freunde würden beraten und begleitet.

Infos in Bussen und Bahnen 

In Köln startet die Kampagne „Reden kann retten“, die Hilfsangebote für Betroffene sichtbar machen soll. Auf Info-Screens in U-Bahn-Haltestellen oder etwa auch auf Gratispostkarten in Gastronomiebetrieben gebe es diese Informationen eine Zeit lang, teilten die Organisatoren mit. Bei der Rheinbahn in Düsseldorf startet eine ähnliche Kampagne. Sie trägt den Titel „Steh auf!“

Besondere Brötchentüte

In Bonn und dem Rhein-Sieg-Kreis bekommen die Kundinnen und Kunden beim Einkauf in vielen Bäckereien Brötchentüten bedruckt mit dem Motto „Gewalt kommt uns nicht in die Tüte“. Auf den Tüten stünden die Rufnummern der Frauenhäuser und Frauenberatungsstellen in Bonn und dem Rhein-Sieg-Kreis, des bundesweiten Hilfetelefons „Gewalt gegen Frauen“ sowie die der Männer- und Jungenberatungsstelle im Rhein-Sieg-Kreis, teilte die Stadt Bon mit. 

Hausärzte sehen sich in Schlüsselrolle

Der Hausärztinnen- und Hausärzteverband Nordrhein erklärt: „Trotz des Fokus auf Gewalt gegen Frauen und Mädchen am Aktionstag: Gewalt betrifft alle – Frauen, Männer, Kinder und Menschen jeder Identität.“ Gewalt zeige sich in vielfältigen körperlichen und psychischen Symptomen. Betroffene suchten oft zuerst Rat in der Hausarztpraxis. „Wir arbeiten eng mit lokalen Beratungsstellen und Organisationen zusammen und vermitteln persönliche Beratung“, sagte Hausärztin Samina Rasch. Ziel sei es, Betroffenen Wege aus der Gewalt zu zeigen. 

Auch der Hausärztinnen- und Hausärzteverband Westfalen-Lippe will auf das Thema aufmerksam machen. „Obwohl eine hohe Dunkelziffer zu vermuten ist, sprechen Patientinnen und Patienten Gewalt gegen Frauen und Kinder in der Praxis nur selten offen an“, sagte Hausärztin Melanie Rose aus Beverungen im Kreis Höxter. Gleichzeitig stünden gut vernetzte Anlaufstellen zur Verfügung, die in Verdachts- und Belastungssituationen schnell und gezielt unterstützen könnten. Rose sagte, sie habe in ihrem Wartezimmer auch Informationsflyer ausgelegt. 

Bauwerk angestrahlt

In Wuppertal erstrahlt heute der Wasserturm Lichtscheid in Orange. Damit wollen die Stadtwerke im Rahmen der Aktion „Orange your City“ an die weiblichen Opfer häuslicher Gewalt erinnern und Thema in den Fokus rücken.