Panorama

Drogenhandel hinter Gittern – Polizei sprengt Netzwerk

Trotz Kontrollen floriert der Drogenhandel auch hinter Gefängnismauern. Jetzt hat die Polizei ein landesweites Netzwerk ausgehoben – mit Beteiligten auf beiden Seiten der Gitterstäbe.

07.11.2025

Hinweise über Drogenhandel in der JVA Ravensburg führten zu einem Ermittlungsverfahren. (Archivbild)Felix Kästle/dpa

Hinweise über Drogenhandel in der JVA Ravensburg führten zu einem Ermittlungsverfahren. (Archivbild)Felix Kästle/dpa

© Felix Kästle/dpa

Ein regelrechtes Drogennetzwerk in mehreren baden-württembergischen Gefängnissen ist aufgeflogen. Vier Männer und eine Frau sitzen laut Staatsanwaltschaft in Untersuchungshaft. Insgesamt wird gegen 19 Personen ermittelt, darunter auch drei Justizvollzugsbeamte. Sie sollen Drogen geschmuggelt, gedealt oder den Handel der Insassen unterstützt haben. 

Trotz strenger Kontrollen an den Eingängen, regelmäßiger Zellendurchsuchungen und zahlreicher Drogentests bleibt der Schmuggel hinter Gittern ein Dauerproblem. 

Razzia in Gefängnissen und Wohnungen

Bei einer Razzia am Montag wurden mehrere Justizvollzugsanstalten (JVA) sowie zwölf Wohnobjekte durchsucht. Daran waren die Polizeipräsidien Ulm, Mannheim, Karlsruhe, die Bereitschaftspolizei sowie die Kriminalpolizei Neu-Ulm beteiligt.

Kokain, Arzneimittel sowie verschiedene Waffen und Bargeld wurden sichergestellt. Angaben zur Zahl und den Standorten der durchsuchten Einrichtungen machte die Polizei nicht.

Frühe Hinweise auf Drogenhandel

Nach Hinweisen, dass Gefangene der JVA Ravensburg mit Drogen handeln, wurde im Frühjahr ein Ermittlungsverfahren durch die Kriminalpolizei Friedrichshafen eingeleitet. Dabei wurden vier Haupttatverdächtige ausgemacht. Ihnen wird zur Last gelegt, in Haftanstalten mit Rauschgift sowie verschiedenen Medikamenten gedealt zu haben. Die Bezugsquellen wurden ermittelt.

Die Tatverdächtigen sind zwischen 18 und 30 Jahre alt. Sie stehen im Verdacht, mit Drogen gehandelt und den Rauschgifthandel der Insassen in der Justizvollzugsanstalt unterstützt zu haben.

Die Verhafteten sollen arbeitsteilig agiert haben. Vier Haupttatverdächtige zogen in den Haftanstalten die Fäden, eine 29 Jahre alte Frau half von draußen. Auch gegen einen weiteren Mitbeschuldigten wurde ein Haftbefehl erlassen, der sodann gegen Auflagen außer Vollzug gesetzt wurde. Die Ermittlungen der Kriminalpolizei Friedrichshafen zu dem Netzwerk dauern an.

Drogenschmuggel in Gefängnissen bekanntes Problem

Besitz und Handel mit illegalen Drogen sind häufig bereits der Grund der Inhaftierung, weshalb Drogenprobleme gewissermaßen mitgebracht werden. Nach allgemeinen Schätzungen entspricht der Anteil der Abhängigen in Gefängnissen ungefähr dem Zehnfachen der Quote außerhalb, wie das Justizministerium mitteilt. 

Das Thema Betäubungsmittel stelle den Justizvollzug deshalb vor ernsthafte und vielfältige Herausforderungen. Drogen würden von Besuchern, per Post und über Mauerüberwürfe in die Anstalten gelangen. „In seltenen Fällen kommt es leider auch zur Beteiligung von Bediensteten, wobei diese Fälle meist größeres mediales Interesse erlangen“, sagte eine Sprecherin des Justizministeriums.

Sicherheitsmaßnahmen gegen Drogen 

Wenn der Verdacht besteht, dass Bedienstete selbst Drogen in die Anstalt schmuggeln könnten, erstatten die Anstalten Anzeige. Die Leitung unterstützt auch notwendige verdeckt geführte Ermittlungen. Gegen betroffene Bedienstete werden laut dem Justizministerium Disziplinarverfahren eingeleitet. 

Die JVA-Bauten würden schrittweise mit neuen Haftraumfenstern ausgestattet. Bei diesen neuen Modellen sei die Fensterfläche, die sich zwecks Frischluftzufuhr öffnen lasse, durch ein engmaschiges Lochblech gesichert, durch das keinerlei Gegenstände gelangen könnten. Auch werde die Kameraüberwachung in Besuchsbereichen ausgeweitet. 

Im Land sind demnach vier Rauschgiftspürhunde im Einsatz, die von den Stammdienststellen aus auch in zugeordneten umliegenden Anstalten zum Einsatz kommen und damit alle Einrichtungen des Justizvollzugs abdecken. 

Dem Schmuggel von neuen psychoaktiven Substanzen werde durch den Einsatz von Ionenscannern begegnet. „Diese Substanzen werden häufig in liquider Form auf Papier aufgetragen und als Post in die Anstalten geschmuggelt. Mit Hilfe der Ionenscanner können Papiere darauf untersucht werden, ob sie Träger unsichtbarer Drogensubstanzen sind“, sagte die Behördensprecherin.