Panorama

Auf Norderney stehen nun Mini-Häuser – aber nicht zum Wohnen

Mitten im Insel-Kurpark ziehen zwei Tiny Houses neugierige Blicke an. Sie sind ausgestattet mit Wlan und Schreibtisch – nur ein Bett fehlt. Denn die Tiny Houses richten sich an bestimmte Gäste.

01.10.2025

Die Tiny Houses bieten einen Blick auf den Kurpark von Norderney. Volker Bartels/dpa

Die Tiny Houses bieten einen Blick auf den Kurpark von Norderney. Volker Bartels/dpa

© Volker Bartels/dpa

Arbeiten, wo andere Urlaub machen: Mit diesem Spruch warben die Ostfriesischen Inseln bislang um Arbeitskräfte, künftig könnte das auf der Insel Norderney auch für Urlauber selbst gelten. Denn auf dem Kurplatz der Insel stehen seit Kurzem zwei Tiny Houses. „Die sind nicht zur Übernachtung gedacht, das sind Workspaces“, sagt Kurdirektor Wilhelm Loth. „Das ist für Gäste und Einheimische gedacht, die einen Arbeitsraum auf der Insel suchen.“ Denn Arbeitsraum sei ebenso wie Wohnraum auf der Insel knapp.

In einer Zeit, in der mobiles und flexibles Arbeiten, eine zunehmende Rolle spielt, sieht das Staatsbad Norderney eine Nachfrage für dieses Angebot. „Wir wissen, dass Arbeiten und Urlauben immer mehr ineinandergreift“, sagt Loth. „Wir haben auf Norderney immer mehr Gäste, die einen solchen Arbeitsraum anfragen.“ Ihnen sei auch im Urlaub wichtig, Arbeit und Freizeit zu trennen. Die Tiny Houses böten dann Rückzugsmöglichkeiten etwa für Besprechungen, Video-Calls oder um sich in Ruhe konzentrieren zu können. 

Sechs Quadratmeter mit Ausblick

Aktuell stehen die fahrbaren Mini-Häuser mit Panorama-Fenster auf dem Kurplatz. Künftig kann sich das Staatsbad vorstellen, sie auch an den Strand zu stellen. Noch fehle dafür aber eine Genehmigung, sagt Loth. Auf sechs Quadratmetern gibt es einen Schreibtisch und Platz für Besprechungen für bis zu fünf Personen. Strom liefern Solarpaneele auf dem Dach. Die Mini-Häuser sind klimatisiert und voll ausgestattet mit Wlan, Monitor und Whiteboard - allein eine Kaffeemaschine fehlt. Die Häuser sollen aber immer so aufgestellt werden, dass etwa Cafés und Toiletten für Gäste in Reichweite seien, sagt Loth. 

Das Angebot richtet sich an Urlauber und Insulaner, die Arbeitsraum suchen. Volker Bartels/dpa

Das Angebot richtet sich an Urlauber und Insulaner, die Arbeitsraum suchen. Volker Bartels/dpa

© Volker Bartels/dpa

Dass viele Menschen auch während eines Urlaubes arbeiten, zeigte kürzlich auch eine Forsa-Umfrage im Auftrag der Krankenkasse DAK-Gesundheit. Demnach gab etwa jeder vierte Arbeitnehmer an, während seines Sommerurlaubs 2025 mobil gearbeitet zu haben. 73 Prozent sagten dagegen, sie hätten keine dienstlichen Angelegenheiten im Urlaub erledigt.

Für wen der Raum gedacht ist

Doch Arbeiten im Urlaub, wenn man doch eigentlich abschalten will – ist das nicht eher kontraproduktiv? Bei den „Tiny Workspaces“ auf Norderney gehe es nicht darum, den Urlaub durch Arbeiten zu ersetzen, sondern darum, Freiräume zu schaffen, sagt Kurdirektor Loth. Viele Gäste kämen vor allem auf die Insel, um Erholung zu suchen. „Aber wir denken, dass Norderney auch für viele Gäste zum Arbeiten reizvoll sein kann“, so Loth. Mobiles Arbeiten mache das überhaupt erst möglich.

Die Tiny Workspaces bieten etwa Platz für Besprechungen mit bis zu fünf Personen. Volker Bartels/dpa

Die Tiny Workspaces bieten etwa Platz für Besprechungen mit bis zu fünf Personen. Volker Bartels/dpa

© Volker Bartels/dpa

Als mögliche Zielgruppe nennt das Staatsbad etwa „digitale Nomaden, Selbstständige, Kreative und kleine Teams“. Auch Unternehmen und Insulanern sollen die Tiny Workspaces offen stehen. „Wir werden die Häuser auch selbst nutzen“, sagt Loth und denkt dabei etwa an Tagungen und Veranstaltungen. 

„Workation“ - ein Modell für die ganze Küste?

„Das Thema Workspaces im Urlaub ist noch relativ neu“, sagt Kurdirektor Loth. Nach seinen Angaben ist Norderney die erste ostfriesische Insel mit so einem Angebot. Das bestätigt auf Anfrage auch die Tourismus-Agentur Nordsee (Tano), die die gesamte niedersächsische Nordseeküste zwischen Ems und Elbe vermarktet. Zwar gebe es klassische Co-Working-Spaces in der Region, aber bislang kein zielgerichtetes Angebot für Urlauber wie auf Norderney. 

Urlaub und Arbeit zu verbinden, auch „Workation“ genannt, gewinne an Bedeutung, teilt eine Tano-Sprecherin auf Anfrage mit. Insbesondere die Covid-Pandemie habe die Flexibilität in Arbeitsmodellen beschleunigt. Darauf reagierten auch Urlaubsorte an der Küste. Viele Vermieter von Ferienwohnungen setzten zunehmend auf eine arbeiterfreundliche Ausstattung ihrer Unterkünfte, etwa mit Wlan, Arbeitsplätzen und ruhig gelegenen Zimmern.

Tourismusgesellschaft sieht Potential

Konkrete Anfragen verzeichne die Tourismusmarketinggesellschaft bislang noch nicht, teilt die Tano-Sprecherin weiter mit. Aber: „Wir als Tano sehen hier durchaus Potential, das Thema auch im Marketing aufzugreifen.“ Solche Angebote könnten die Aufenthaltsqualität und die Aufenthaltsdauer an einem Ort steigern. Dafür sei aber eine gute Infrastruktur nötig.