Panorama

50 Jahre Komfort: Ausfahrt mit der Honda Gold Wing

Straßenkreuzer auf zwei Rädern, Tourenpanzer, Schlachtschiff oder einfach nur Goldie. Die Honda Gold Wing hat viele Spitznamen. Das Touren-Motorrad wird 50 Jahre alt - wie fährt es sich?

05.09.2025

Ein Luxusliner auf zwei Rädern: Die Honda Gold Wing GL1800.Honda/dpa-tmn

Ein Luxusliner auf zwei Rädern: Die Honda Gold Wing GL1800.Honda/dpa-tmn

© Honda/dpa-tmn

Leistungsstarker Motor, ausladende Verkleidung und eine Sitzbank wie ein Sofa: Kaum ein Motorrad eignet sich besser für die Langstrecke als die Honda Gold Wing – und das seit 50 Jahren.

Die Honda Gold Wing startete 1975 mit der GL 1000 und setzte gleich Maßstäbe bei den Tourenmotorrädern. Zunächst trieb ein Vierzylinder-Motor die Gold Wing an, seit 1988 ein Sechszylinder. Deutlich verändert haben sich seit 1975 auch Maße und Gewicht.

Bis zu 400 Kilogramm wiegt ein aktuelles Modell. Spötter nennen sie deshalb auch gerne Straßenkreuzer auf zwei Rädern, Tourenpanzer, Schlachtschiff oder rollendes Sofa. So, nun aber ran an das Ding, genauer die aktuelle GL 1800 Gold Wing Bagger.

Und so ganz unrecht haben sie nicht, wie es sich zeigt. Selbst als abgespeckte, sportlichere Version der klassischen Gold Wing wirkt sie durch die breite Verkleidung und Seitenkoffer schon im Stand sehr mächtig – und das ohne großes Topcase.

Laufruhiger Motor und untenherum viel Drehmoment

Unter der Verkleidung arbeitet ein 1,8 Liter großer Sechszylinder-Boxermotor mit 125 PS, der feinfühlig arbeitet und besondere Laufruhe bietet. Der Antrieb läuft vibrationsarm, leise, und liefert eine lineare Leistungsentfaltung mit reichlich Drehmoment im unteren Drehzahlbereich.

Die 125 PS wirken im Vergleich zu anderen Motorrädern zwar unspektakulär, aber auf der Straße ist die Kraft jederzeit präsent. Die vier Fahrmodi Tour, Sport, Econ und Rain passen Gasannahme, Schaltverhalten und Assistenzsysteme an die jeweilige Fahrsituation an.

Doppelkupplungsgetriebe - wie beim bequemen Autofahren

Für die meisten Motorradfahrer ungewohnt: Statt manuellem Getriebe und Fußschaltung bietet die Gold Wing serienmäßig ein 7-Gang-Doppelkupplungsgetriebe (DCT). Gas geben und die Elektronik schaltet zügig mit spür- und hörbaren Klacken in den nächsten Gang. Schaltvorgänge geschehen weich, flüssig und im passenden Moment. Auf Wunsch lassen sich die Gänge manuell über zwei Tasten am linken Lenkerende wechseln.

Wer es drauf anlegt, sprintet von 0 auf 100 km/h in etwa 5 Sekunden, die Höchstgeschwindigkeit liegt bei 180 km/h. Gemütliches Fahren hört allerdings bei 140 km/h auf. Trotz der hohen (Serien-) Scheiben nehmen dann die Windgeräusche am Helm zu. Außerdem erhöht sich der Verbrauch deutlich. Bei gemächlicher Fahrt genehmigen sich die sechs Zylinder laut Norm WMTC 5,4 Liter auf 100 Kilometer, in der Praxis sind es etwas über 6 Liter.

Das Fahrwerk kann sich automatisch anpassen

Doch so stark ein Antrieb in einem Motorrad auch sein mag – ohne ein passendes Fahrwerk nutzt hohe Leistung wenig. Honda setzt bei der Gold Wing auf eine spezielle, technische Lösung: Statt einer herkömmlichen Teleskopgabel nutzen die Japaner vorn eine Doppelquerlenker-Aufhängung.

Gerade bei Langstreckenfahrten zahlt sich das aus. Das Motorrad liegt ruhig auf der Straße, gleitet geschmeidig über Unebenheiten und bleibt in Kurven stabil und kalkulierbar, arbeitet dabei präzise und eliminiert nahezu alle Bremsnickbewegungen. Dazu passt sich das elektronisch einstellbare Fahrwerk automatisch an Beladung, Tempo und Untergrund an, was den Fahrkomfort nochmals steigert. Selbst bei leichten Bremsmanövern merken die Passagiere kein Einnicken der Gabel.

Assistenten erleichtern das Fahren

An der Bremsanlage gibt es nichts zu kritisieren, trotz des hohen Leergewichts: Doppelbremsscheiben vorn mit kräftigen Sechskolben-Sätteln, hinten eine große Scheibe, kombiniert mit einem feinfühlig regelnden Antiblockiersystem (ABS).

Für den Alltag praktisch zeigen sich auch Traktionskontrolle und Berganfahrassistent: Bei feuchter Straße regelt die Elektronik die Kraft direkt runter und hält das Bike stabil, bei leichtem Gefälle rutscht die Maschine nicht talwärts, wenn der Biker mal vergisst die Bremse zu ziehen.

Optional ist auch ein adaptiver Tempomat erhältlich, der mit Hilfe von Radar den Abstand zum Vordermann automatisch reguliert, ideal für entspannte Autobahnetappen. Für mehr Sicherheit sorgt bei der Gold Wing Tour ein Airbag – einzigartig bei Motorrädern.

Komfort ganz klar im Fokus

Da merkt man: Fahrkomfort ist das zentrale Thema der Gold Wing. Fahrer und Sozius profitieren von üppigen Platzverhältnissen, angenehmem Kniewinkel und entspannter Armhaltung. Die Lenkerposition ist natürlich, auch bei längeren Touren werden die Arme nicht schlapp. Dennoch wechseln Gold-Wing-Besitzer gerne die Sitzbank und lassen sich für noch mehr Komfort eine individuelle anfertigen.

Komfortabel ist auch das große, zentrale TFT-Farbdisplay mit Informationen über Fahrmodi, Navi (über Apple Carplay oder Android Auto) und Entertainmentsystem. Fahrmodi und Audio lassen sich über Lenkerbedienung oder Drehdrück-Regler in der Mitte steuern. Apple CarPlay und Android Auto sind serienmäßig an Bord, funktionieren aber nur in Verbindung mit einem Bluetooth-Headset. Wer während der Fahrt auf Landstraßen Musik hören will, dreht einfach den Sound auf: Über die beiden Lautsprecher in der Verkleidung folgt die Beschallung – allerdings auch für alle anderen Verkehrsteilnehmer.

Die Verkleidung leitet so viel Wind vom Piloten weg, wie nur möglich, Turbulenzen halten sich in Grenzen. Dafür fährt sich nach dem Start die Spoilerscheibe automatisch hoch und verringert Windverwirbelungen. Über den einen Schalter am linken Lenkerende lässt sich die Höhe auch während der Fahrt variieren. Wer es gerne muckelig mag: Für kältere Tage gibt es Griff- und Sitzheizung, die schnell wärmen.

Ganz schönes Gewicht - und ein hoher Preis

Nachteile? Die Honda Gold Wing Bagger wiegt leer 373 Kilogramm und kostet ab 31.499 Euro, die Gold Wing Tour mit Airbag sogar ab 40.599 Euro. Das ist viel. Zumindest beim hohen Gewicht hilft eine elektrische Rangierhilfe als eine Art Rückwärtsgang beim Rangieren.

Doch in der Stadt, engen Gassen und bei niedrigen Geschwindigkeiten fällt das Gewicht auf. Piloten benötigen etwas Übung, um den Brocken im Gleichgewicht zu halten und keine Schlangenlinien zu fahren. Über den hohen Preis tröstet nur eine hohe Langlebigkeit hinweg. Vorgänger-Modelle spulen bei guter Wartung zwischen 500.000 und 800.000 Kilometer ab.

Das zeigt: Die Gold Wing gehört auf langgezogene Landstraßen und Autobahnen, gerne für viele Stunden. Sie ist zwar groß und schwer, wirkt dabei aber in Fahrt keineswegs träge. Sie ist technisch hochgerüstet, bleibt aber zugänglich. Und sie ist luxuriös, ohne auf Fahrspaß zu verzichten – und das seit 50 Jahren.

Infokasten:

Komfortabler Gleiter: Die Historie der Honda Gold Wing

Honda entwickelte ab 1972 ein neues Motorrad: tourentauglich und mit maximalem Langstreckenkomfort. Als Resultat startete die Gold Wing 1975 dann einen Siegeszug als luxuriöses Tourenmotorrad.

Mit der GL1000 brachten die Japaner erstmals einen flüssigkeitsgekühlten Vierzylinder-Boxermotor in mit einem Kardanantrieb auf den Markt – in der Kombination ein Novum im Motorradbau. Schnell entwickelte sich die Gold Wing zur Ikone. 80 Prozent der Maschinen gehen in die Weiten der USA - die Highways lockten.

In den 1980er-Jahren wuchs sie weiter: Die GL1100 und GL1200 boten mehr Radstand, mehr Komfort mit großer Verkleidung und integriertem Radio. 1988 folgte ein Meilenstein: die GL1500 mit Sechszylindermotor, Rückwärtsgang und reichlich Ausstattung. So wurde die Maschine endgültig zum „Luxusliner auf zwei Rädern“.

Ab 2001 legte Honda mit der GL1800 nach: Aluminiumrahmen, ABS, mehr Power, besseres Fahrverhalten. Die Gold Wing wurde moderner und fahraktiver, blieb dabei aber komfortabel vollausgestattet.

2006 erhielt die Gold Wing serienmäßig als erstes Serienmotorrad überhaupt einen Airbag. 2018 folgt der große technische Sprung: Die neue GL 1800 wird leichter, erhält ein Doppelkupplungsgetriebe (DCT), Ride-by-Wire, elektronische Fahrmodi. Assistenzsysteme, Infotainment und großen Tourenkomfort.

Zum 50-jährigen Jubiläum gibt es die „Goldie“ auch mit der Lackierung in Matt Ballistic Black.Jeff Ludes/Honda/dpa-tmn

Zum 50-jährigen Jubiläum gibt es die „Goldie“ auch mit der Lackierung in Matt Ballistic Black.Jeff Ludes/Honda/dpa-tmn

© Jeff Ludes/Honda/dpa-tmn

Hier sitzt man gern länger im Sattel: Die Honda Gold Wing ist abenteuerlustig und für ausgedehnte Touren gemacht.Honda/dpa-tmn

Hier sitzt man gern länger im Sattel: Die Honda Gold Wing ist abenteuerlustig und für ausgedehnte Touren gemacht.Honda/dpa-tmn

© Honda/dpa-tmn

Alles im Griff: Auf Wunsch lassen sich die Gänge manuell über zwei Tasten am linken Lenkerende wechseln.Honda/dpa-tmn

Alles im Griff: Auf Wunsch lassen sich die Gänge manuell über zwei Tasten am linken Lenkerende wechseln.Honda/dpa-tmn

© Honda/dpa-tmn

Technik trifft Eleganz: Der mächtige 1,8-Liter-Sechszylinder-Boxermotor unter der Verkleidung.Honda/dpa-tmn

Technik trifft Eleganz: Der mächtige 1,8-Liter-Sechszylinder-Boxermotor unter der Verkleidung.Honda/dpa-tmn

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Platz da - für breite Verkleidung und Stauraum.Honda/dpa-tmn

Platz da - für breite Verkleidung und Stauraum.Honda/dpa-tmn

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Ein Tourenmotorrad, das Geschichte schreibt: Seit 50 Jahren setzt die Gold Wing Maßstäbe.Honda/dpa-tmn

Ein Tourenmotorrad, das Geschichte schreibt: Seit 50 Jahren setzt die Gold Wing Maßstäbe.Honda/dpa-tmn

© Honda/dpa-tmn

Effizient unterwegs: Im Econ-Fahrmodus zeigt die Honda Gold Wing, wie sparsam und entspannt Tourenfahren sein kann.Honda/dpa-tmn

Effizient unterwegs: Im Econ-Fahrmodus zeigt die Honda Gold Wing, wie sparsam und entspannt Tourenfahren sein kann.Honda/dpa-tmn

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Ein Blick auf das Cockpit: Das zentrale TFT-Display hält alle wichtigen Infos bereit.Honda/dpa-tmn

Ein Blick auf das Cockpit: Das zentrale TFT-Display hält alle wichtigen Infos bereit.Honda/dpa-tmn

© Honda/dpa-tmn

Kein Zurückrollen: Der Berganfahrassistent der Honda Gold Wing sorgt für einen sicheren Start, selbst an steilen Hängen.Honda/dpa-tmn

Kein Zurückrollen: Der Berganfahrassistent der Honda Gold Wing sorgt für einen sicheren Start, selbst an steilen Hängen.Honda/dpa-tmn

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Honda Gold Wing GL1000: So sah das Original von 1975 aus.Honda/dpa-tmn

Honda Gold Wing GL1000: So sah das Original von 1975 aus.Honda/dpa-tmn

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