Schiffsunglück auf der Elbe: „Wir haben viel Glück gehabt“
Am Morgen des 20. Januar stößt eine Hadag-Fähre im dichten Nebel mit einem Schubverband zusammen. Dabei werden 19 Menschen verletzt. Wie konnte es zu dem Unfall kommen?

Die Schiffsführerin soll trotz dichten Nebels eine Radaranlage nicht genutzt haben. Marcus Brandt/dpa
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Eine 48 Jahre alte Schiffsführerin einer Hadag-Fähre muss sich seit Montag vor dem Amtsgericht Hamburg verantworten. Ihr wird fahrlässige Gefährdung des Schiffsverkehrs in Tateinheit mit fahrlässiger Körperverletzung von 19 Menschen zur Last gelegt, teilte die Staatsanwaltschaft mit.
Die Angeklagte fuhr am 20. Januar als verantwortliche Schiffsführerin eines Fahrgastschiffs mit 27 Fahrgästen die Norderelbe aufwärts, heißt es in der Anklage. Beim Queren des Fahrwassers soll sie die Radaranlage des Schiffs trotz dichten Nebels und damit eingeschränkter Sicht nicht gemäß der geltenden Kollisionsverhütungsregelungen genutzt haben. In der Folge näherte sich das Schiff einem vorfahrtsberechtigten Schubverband mit Gütermotorschiff und gekoppeltem Schubleichter.
Obwohl die 48-Jährige Funkkontakt zum Schiffsführer des Schubverbandes gehabt und den Verband auch gesehen haben soll, soll sie ihr Schiff nicht rechtzeitig nach Steuerbord gelenkt haben. Es kam zu einer Kollision, bei der 19 Passagiere Verletzungen erlitten, darunter Schnittwunden durch Glassplitter, Prellungen und Hämatome. Drei Menschen trugen ein Schädel-Hirn-Trauma bzw. eine Gehirnerschütterung davon. Am Schubleichter entstand ein Sachschaden in Höhe von rund 50.000 Euro.

Die Schiffsführerin muss sich wegen Gefährdung des Schiffsverkehrs verantworten. (Archivfoto)Jonas Walzberg/dpa
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Die 48-jährige Schiffsführerin wollte sich zu der Anklage nicht äußern und machte von ihrem Schweigerecht Gebrauch. Ihr Anwalt hatte jedoch vor der Verhandlung erklärt, dass es ihr sehr leidtue, dass Menschen bei dem Unfall verletzt wurden.
Als erste Zeugin sagte eine 47-jährige Bürokauffrau aus, die von Finkenwerder aus auf ihrem Weg zur Arbeit war und bei dem Unfall leicht verletzt wurde. Sie schilderte, dass es an dem Morgen sehr nebelig war. „Man hat fast nichts gesehen“, sagte die Zeugin. Sie war mit zwei Freunden unterwegs und zwischen dem Anleger Neumühlen und Dockland habe plötzlich einer „Ach, Du Scheiße!“ gerufen. Sie habe sich festgehalten und dann habe es schon „gescheppert und geknallt“. „Ich habe nur den schwarzen Riesen gesehen“, sagte sie sichtlich mitgenommen und mit zittriger Stimme.
„Wir haben viel Glück gehabt. Ich habe einen Schock gehabt“, berichtete die 47-Jährige. Bei starkem Nebel habe sie immer noch Angst an Bord zu gehen und nehme lieber den Bus. Ein 41-jähriger Zeuge schilderte, wie der Schubverband ziemlich dicht an die Fähre gekommen und schließlich mit der Fähre zusammengestoßen sei. Er sei selbst Schiffsführer und habe mehrere Jahre bei der Hadag gearbeitet, deshalb habe er gewusst, was zu tun sei und die Passagiere gebeten, ihre Schwimmwesten anzuziehen.
Anschließend sei er nach oben gegangen, um zu sehen, wie es der Schiffsführerin geht und ob er sie unterstützen kann. Die Schiffsführerin habe per Funk Hilfe angefordert und er sei dann zum Anleger gefahren.
Insgesamt wurden 19 Menschen bei dem Schiffsunglück verletzt. Ein 60 Jahre alter Sachbearbeiter, der ebenfalls als Zeuge aussagte, wurde am schwersten verletzt. „Ich habe nur einen Knall gehört und dann flog ich schon quer durch die Fähre“, sagte der 60-Jährige. Er habe schwere Verletzungen am Kopf erlitten und sei mit einem Krankenwagen ins Krankenhaus gebracht worden. Dort wurde die Wunde mit mehreren Stichen genäht.
Er habe noch heute Kopfschmerzen und einen Dauerton im Ohr. Seit dem Unfall könne er nicht mehr arbeiten und er könne nicht sagen, wie es weitergeht. „Das belastet mich noch sehr“, sagte er. Nach dem Unfall habe die Schiffsführerin zu ihm gesagt: „Das habe ich nicht gesehen. Es war nebelig. Ich hätte gerne jemanden zur Unterstützung gehabt.“ Das Gericht hat weitere Termine bis zum 24. November angesetzt.

Bei dem Schiffsunglück wurden 19 Menschen verletzt.Marcus Brandt/dpa
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