Taufe mit Meerwasser in den Dünen
Oma Jutta Tenbruck ist immer noch überwältigt: „Ich weiß nicht, was da los war.“ Die Anholterin ist überzeugt, dass Gott irgendwie seine Finger im Spiel hatte. Monatelang hatte Enkel Ilyas sie immer wieder gefragt, warum er nicht getauft sei. Die Oma konnte den Sechsjährigen nur vertrösten. Bis zur vergangenen Woche. Da überstürzten sich die Ereignisse. Am 16. Juli wurde Ilyas getauft. Auf der niederländischen Nordseeinsel Ameland. Mitten in den Dünen. Von Pastor Karsten Weidisch.
Pastor Karsten Weidisch (rechts) aus Münster taufte am Strand von Ameland den sechsjährigen Ilyas im Beisein seines Vaters und Oma Jutta Tenbruck.
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ANHOLT . Jutta Tenbruck holt beim Erzählen etwas aus: „Ich selbst bin ein gläubiger Mensch“, sagt sie. Der Glaube habe ihr oft im Leben geholfen, ihr Kraft gegeben, Schicksalsschläge anzunehmen: „Das möchte ich auch meinen Enkelkindern vermitteln.“ Besonders wichtig sind ihr christliche Werte, zum Beispiel die Nächstenliebe.
Klein Ilyas hörte der Oma stets aufmerksam zu, lernte Gebete von ihr, „alles auf kindgerechte Weise“, betont Jutta Tenbruck. Vor einigen Wochen machte sie mit ihm einen Ausflug in den Wallfahrtsort Kevelaer: „Der Junge war einfach nur fasziniert“, erinnert sich die Oma. Ilyas kaufte sich im Devotionalienladen ein Kreuz – und ein kleines Fläschchen Weihwasser. Beides hatte der Junge im Gepäck, als er mit Vater und Oma nach Ameland reiste.
Auf der Insel angekommen, spielt Ilyas mit einem Regenbogenball vor dem Quartier der Tenbrucks – als überraschend ein Bekannter von Oma Jutta vorfährt: Pastor Karsten Weidisch aus Münster, der mit einem Pastoralteam seit vielen Jahren die Ferienfreizeiten aus dem Bistum Münster auf der Insel betreut. In dieser Rolle ist er fast so etwas wie ein Kollege von Jutta Tenbruck, die seit 2014 als Kochmutti im Anholter Amelandlager die Kinder versorgt. Wegen der Coronavirus-Pandemie musste die Freizeit nach 2020 auch 2021 ausfallen: „Deshalb sind wir als Familien hergekommen.“
Jutta Tenbruck stellt dem katholischen Geistlichen ihren Enkel vor, der in dem Moment den Regenbogenball zu Weidisch wirft: „Und dabei ist etwas passiert“, ist sie sich sicher, „da war sofort ein Band zwischen den beiden.“ Am nächsten Abend nimmt sie den Enkel mit zum Gottesdienst in den Dünen. Karsten Weidisch baut die Geschichte mit dem Regenbogenball in seine Predigt ein. Ilyas ist mächtig stolz, erinnert sich Tenbruck. Und am Ende des Gottesdienstes erklärt der Junge: „Oma, ich möchte getauft werden.“ Das hört der Pastor – und reagiert prompt: „Das könnte morgen klappen.“
Um die Zustimmung seiner Eltern kümmert Ilyas sich selbst und läuft zu seinem Vater. Der ist einverstanden, ebenso die Mutter, die zu Hause in Anholt ist. Abends schaut Weidisch bei der Familie in der Ferienwohnung vorbei, klärt Details. „Was wir dann erlebt haben, war emotional so schön.“ Wenn Jutta Tenbruck an die Taufe denkt, kommen ihr wieder die Tränen vor Rührung. Das ganze Pastoralteam aus dem Bistum Münster hatte die Feier in den Dünen vorbereitet, Lieder und Texte ausgesucht. Das Taufwasser holte Weidisch mit Ilyas in einer Schale aus der Nordsee. Das Kreuz aus Kevelaer lag im Sand: „Dieses Ereignis wird der Junge nie vergessen, es wird ihn lebenslang prägen“, ist die Oma überzeugt. Dankbar ist sie Pastor Weidisch, dass er das Fest ermöglicht hat: „Und selbstverständlich seinem ganzen Team.“ Denn als Überraschung bastelte dieses eine besondere Taufkerze für Ilyas. Taufpatin war übrigens Oma Jutta, versteht sich.
Zurück in Anholt soll noch einmal gefeiert werden – mit der Familie. Doch für Ilyas ist sein größter Wunsch in Erfüllung gegangen. Kurz nach seiner Taufe gestand er Jutta Tenbruck: „Ich fühle mich jetzt total christlich.“
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